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Holocaust-Denkmal in Erlangen eingeweiht (Christof Eberstadt)

Foto: Christof Eberstadt
Foto: Christof Eberstadt

Am 29. September 2016 wurde auf dem jüdischen Friedhof am Burgberg das zentrale „Denkmal der Erlanger Jüdischen Kultusgemeinde zur Erinnerung an die Opfer in der Zeit des Nationalsozialismus“ im Rahmen einer kleinen Feier enthüllt und den Angehörigen der Gemeinde vorgestellt. Am 30. Oktober wurde das Denkmal der Erlanger Öffentlichkeit präsentiert.
Die Denkmalanlage besteht aus einem Fundament mit drei unterschiedlich geformten Betonsockeln, auf denen drei Glastafeln an Edelstahlträgern befestigt sind, deren Zuordnung thematisch gegliedert ist. Zum Gelingen trugen eine Reihe Firmen als Mäzene bei. Die Glastafeln wurden von der Erlanger Bürgerstiftung gefördert.

Zwei Jahre währten Planung und Realisierung, die in der Hand unseres Beauftragten für die Geschichte der alten jüdischen Gemeinde, Herrn Christof Eberstadt, lagen. Besonderes Problem war es, nachvollziehbare Bestätigungen für den letzten Weg und Verbleib der Menschen zu erhalten, deren Namen schließlich auf das Glas graviert werden sollten. Stadtverwaltungen und Archive in Deutschland und dem Ausland wurden angeschrieben und um Unterstützung gebeten. Sie halfen überaus großherzig und kostenfrei. Einige bisher bekannte Namen und die dahinter stehenden Schicksale waren schließlich zu berichtigen, oder wurden zum ersten Mal überhaupt mit Bezug zu Erlangen gefunden. Besonders berührend war immer der Fund eines bis dahin unbekannten Fotos der jeweiligen Person; erst ein solches Abbild macht die dahinter stehende Tragik fühlbar, was mit kalt eingeritzten Buchstaben und Daten eigentlich nicht angemessen vermittelbar ist.

Tafel 1: „Opfer der „Euthanasie“ während der nationalsozialistischen Diktatur“ (31 Namen)
Hier sind die Namen der Menschen zusammengetragen, die zunächst im Rahmen der so gen. „T4-Aktion“ von der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt aus nach der Anstalt Eglfing-Haar verbracht wurden. Von dort wurden sie kurz danach in das Schloss Hartheim in Österreich transportiert, und fanden vermutlich alle am gleichen Tag den Tod in der Gaskammer. Nach Einstellung dieses „Programms“ wurden in den Jahren 1940 bis 1944 vier Juden aus der Erlanger Anstalt nach Berlin gebracht, von denen zwei im Jüdischen Krankenhaus starben und in Berlin-Weissensee bestattet wuiden. Die anderen beiden hatten den schweren Weg nach Auschwitz auf sich zu nehmen. Weitere (ehemalige Erlanger) lebten in verschiedenen Heil- und Pflegeanstalten und fanden an unterschiedlichen Orten einen gewaltsamen Tod.

Tafel 2: „Gefallen im „Großen Vaterländischen Krieg“ 1941-1945 zur Befreiung Europas von der nationalsozialistischen Diktatur“ (16 Namen). Diese Tafel entstand auf besonderen Wunsch unserer ukrainischen Gemeindemitglieder, die einen Verwandten (Vater, Bruder, Schwester) als Gefallene zu beklagen haben und nie ein Grab dafür aufsuchen konnten. Dieses für Deutschland vermutlich einmalige Gefallenen-Denkmal ergänzt nun in sinnvoller Weise unseren Friedhof, auf dem Mitglieder der untergegangenen und der heutigen Gemeinde gemeinsam ihre letzte Ruhe fanden.

Tafel 3: „Opfer des Rassenwahns während der nationalsozialistischen Diktatur“ (77 Namen). Hier sind die Namen der Menschen versammelt, die in Erlangen geboren waren und in der Regel mindestens zwei Jahre gelebt haben. In Erlangen hat es keine Massendeportationen wie in anderen Orten gegeben. Die jüdische Gemeinde löste sich im Laufe des Dritten Reich unter dem Druck der Verhältnisse buchstäblich bis auf einen geringen Rest auf. So gut wie alle Menschen, die hier genannt sind, wurden von anderen Orten aus deportiert. Bei der Erkundung der Schicksale ergaben sich eine ganze Reihe bis dahin unbekannter Details, bis hin zu dem seit 70 Jahren verschollenen Grab von Frieda Wollmann in Aachen, geboren als Ricka Brüll in Erlangen, die sich am Vorabend der Deportation nach Theresienstadt In einem Durchgangslager bei Aachen das Leben nahm. Eine besondere Freude bereitete uns in diesem Fall der überaus aufwendige bürokratische Akt, mit dem 75 Jahre nach ihrem Tod mit standesamtlicher Beurkundung ihr geschändeter Name annulliert wurde, und Frau Wollmann der von den Eltern geschenkte Vorname zurück gegeben werden konnte. Dies ist vor dem Hintergrund des Segens so wichtig, mit dem wir die Denkmalanlage überschrieben haben:

Ich will ihnen in meinem Hause und in meinen

Mauern ein Denkmal und einen Namen geben.

Einen ewigen Namen will ich ihnen geben,

der nicht vergehen soll.

Jesaja 56,5